Brandenburgs Kreative in der Pandemie (IX): Ponderosa e.V.
Foto: Charlotte Gröbel
Die Corona-Pandemie hat die Kultur- und Kreativwirtschaft nicht nur ausgebremst, sondern teilweise in existenzielle Nöte gebracht. Jetzt, nach einem Jahr Pandemie, heißt es: nach vorne schauen! Auch 2021 wird nicht einfach werden, aber es gibt Chancen, dass wir zu einer (neuen) Normalität kommen.
Kreatives Brandenburg will den Akteuren selbst eine Stimme geben, eine schlaglichtartige Bestandsaufnahme wagen. Wie sind Brandenburgs Kultur- und Kreativschaffende durch das vergangene Jahr gekommen? Wie ergeht es ihnen in der Krise? Was kann 2021 bringen? Heute: Ponderosa e.V. Stolzenhagen
Wie hat sich die Corona-Pandemie auf die Arbeit ausgewirkt?
Die Folgen der Pandemie haben die Arbeit unseres Vereins – wie viele andere Kreativstätten – voll getroffen. Wir mussten unsere geplanten Veranstaltungen nach einigem Hin und Her schließlich absagen. Die Unsicherheit und auch wenig Klarheit darüber, was möglich ist und was nicht, hat auch unsere Künstler-Community für eine Weile zum Stillstand gebracht. Unser Angebot ausschließlich digital aufzuarbeiten sich für uns nicht wirklich gut angefühlt und auch als wenig praktikabel erwiesen. Wir haben uns nun darauf konzentriert, Residenzen für Soloselbstständige aus dem Kunst- und Kulturbereich zu ermöglichen, damit sie die Möglichkeiten unseres weiträumigen Geländes und der unterschiedlichen Studios für ihre Arbeiten ausschöpfen können: Die geplanten Feierlichkeiten zum 20jährigen Vereinsjubiläum wurde in Duo-Residenzen verwandelt, in denen sich “Archiving Couples” auf die kreative Suche nach dem kollektiven Archiv von Ponderosa begeben haben.
Welche neuen Arbeitsweisen, Verbreitungs- und Kommunikationswege wurden geschaffen oder genutzt?
Aus unserem Kulturzentrum mit ganzjährigem Programm ist also eine Art Zufluchtsort für „Einzelkämpfer*innen“ entstanden. Im Verein haben wir die Zeit ebenfalls genutzt, um uns strukturell neu aufzustellen und neue Angebote zu entwickeln. So haben wir unter anderem auch die Webseite (ponderosa-dance.de) komplett überarbeitet - ein sehr zeitintensiver Prozess, der uns fast den gesamten Sommer begleitete – und zum Beispiel ein Bezahlsystem integriert, um unseren Gästen einen möglichst kontaktlosen Zugang anzubieten. Außerdem haben wir Workshops und Außenspielorte erkundet, um pandemiesichere Zugänge anbieten u können.
Welche neuen Projekte (die es so ohne die Pandemie nicht gegeben hätte) wurden entwickelt?
Im regulären Spielbetrieb herrscht bei uns auf dem Gelände fast ganzjährig ein reges Treiben. Für echte Vereinsarbeit und Instandhaltungsarbeiten bleibt da meistens wenig Zeit. Mit Unterstützung durch das Programm LandKULTUR aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und durch das Neustart-Programm der Bundesregierung waren wir in der Lage, unsere Vereinsräume zu sanieren. Wir können nun zwei große Theater-und Tanzräume anbieten, die nun auch bei kühleren Jahreszeiten genutzt werden können. Das ebenerdige Lightcaslte-Studio haben wir barrierefrei umgebaut und vergrößert. Mit viel Licht, einer Fußbodenheizung und Schwingboden ist es ideal für Tanz- und Körperarbeit. Und das 300qm große Kuhstallstudio hat neue Fenster und ein Dach bekommen, sowie eine Loft-Terasse, die als “Kathleen Hermesdorf Loft” jetzt die “Living Library” beherbergt und auf neue Gäste wartet.
Welche Unterstützung (privat/ staatlich) habt ihr erhalten?
Das Land Brandenburg (MWFK) hat wirklich recht schnell reagiert und Hilfsgelder in Form von Sofort- und Corona-Kulturhilfen freigeschaltet. Damit konnten wir einen Teil der Ausfälle überbrücken. Ohne diese Hilfen hätte unser Verein nur sehr schwer überlebt. Die Auflage der Neustart-Kulturprogramme über den Bundesverband Soziokultur konnten wir als Verein ebenso sehr gut aufnehmen und damit unsere Infrastruktur weiter voranbringen. Neben einer mobilen Außenbühne und der Komplettsanierung unseres großen Speicher Studios mit Dacharbeiten, neuer Isolierung und der Ausstattung mit Heizung unterstützt uns nun auch ein Aufenthalts- und Kassenbereich bei der Umsetzung der Hygiene- und Präventionsmaßnahmen. Von den Neustart-Förderprogrammen konnte ebenso das lokale Handwerk profitieren - denn die Umbauten auf dem Gelände brauchten ja professionelle Fachkräfte. Private Unterstützung ist eher schwierig: Das Programm COLOR BLOCK, ein Residenzprogramm für und von BiPoC hat durch Crowdfunding im Rahmen von #blacklifematters viel Zuspruch bekommen. Aber unsere Vereinsmitglieder, überwiegend freischaffende Künstler*innen, sind von der Pandemie schwer getroffen, so dass kaum finanzielle Sicherheit besteht.
(Foto: Charlotte Gröbel)
Welche Erwartungen gibt es für 2021?
Wie man so schön sagt, fahren wir seit mehreren Monaten nur „auf Sicht“. Längere Planungen als auch Erwartungen zu haben sind nur sehr schwer möglich. Wir müssen uns so flexibel wie möglich den Gegebenheiten anpassen. Trotz weiterer möglicher Lockerungen gehen wir weiterhin davon aus, Veranstaltungen kurzfristig zu verschieben oder sogar komplett absagen zu müssen. Daraus bedingt verändert sich auch die Kommunikation. Wir werden viel mehr reden und Einzellösungen finden müssen. Auch die Betreuung der Künstler*innen wird noch mehr Raum einnehmen.
Welche Erwartungen gibt es an die gesellschaftlichen Akteure? An die Kultur- und Kreativszene selbst? An die Politik? An alle da draußen?
Die Kulturszene hat gesellschaftlich eine große Funktion, die nicht unterschätzt werden sollte. Mit Sicherheit wird das vergangene Jahr seine deutlichen Spuren hinterlassen und wir wünschen uns allen, diese Herausforderungen mit viel Glück zu überstehen. Was wir als Kunst- und Kulturschaffende dafür brauchen, sind zuverlässige Auskünfte und nachvollziehbare Regelungen, die uns auch einen gewissen Handlungsspielraum lassen: Veranstaltungen nach einem Inzidenzwert mit drei Tagen Vorlauf ab- oder zusagen zu müssen, ist für uns nicht möglich. Denn schon heute sehen wir uns sehr prekären Umständen gegenüber, in die Künstler*innen geraten. Mit Steuergeldern kulturelle Infrastruktur zu fördern, wäre daher eine gute Investition in die Zukunft. Wenn die Kulturpolitik einen Weg findet, von der reinen Projektförderung, die zudem hohe Barrieren aufweist, mehr in die Richtung von Recherche-und Residenzförderungen zu denken, können wir Teil einer guten und sinnvollen Entwicklung sein. Reale, physische Erfahrungen und Austausch in kollektiven Prozessen in digitale, vermarktbare Projekte umzuwandeln, bietet auf lange Sicht keine Perspektive.
Der Verein Ponderosa, Veranstalter des "Ponderosa Tanz-Land-Festivals" auf dem Gut Stolzenhagen, Preisträger des Barnimer Kulturpreises 2011 engagiert sich für zeitgenössische Kunst auf dem Land. Das internationale TanzLand Festival hat sich zu einem bedeutenden Festival für Tanz-Performance und Improvisation entwickelt und den Ort weit über die Barnimer Grenzen hinaus bekannt gemacht.Neben dem Tanzfestival organisiert der Verein Ponderosa eine Vielzahl verschiedener Tanzprojekte, Kurse und Workshops mit soziokulturellem Hintergrund, darunter Angebote für Kinder und für Menschen mit Behinderungen.
Mehr Informationen gibt es auf der Hompeage unter www.ponderosa-dance.de, bei Facebook www.facebook.com/ponderosadance oder bei Instagram unter www.instagram.com/ponderosastolzenhagen/
Serie: Brandenburgs Kreative in der Pandemie
(I): MIKALO
(II): Simone Westphal
(III) Tobias Thiele
(IV) Urban Art
(V) Theaterkollektiv FRITZAHOI!
(VI) Ute Manoloudakis
(VII) Monika Leonhardt
(VIII) Ensemble Quillo
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Welche neuen Projekte (die es so ohne die Pandemie nicht gegeben hätte) hast Du/ haben Sie/ habt Ihr entwickelt?
Welche Unterstützung (privat/ staatlich) hast Du/ haben Sie/ habt Ihr erhalten?
Welche Erwartungen hast Du/ haben Sie/ habt Ihr für 2021?
Welche Erwartungen hast Du/ haben Sie/ habt Ihr an die gesellschaftlichen Akteure? An die Kultur- und Kreativszene selbst? An die Politik? An die Menschen, die Deine/ Ihre/ Eure Arbeit nutzen/ konsumieren/ hören/ sehen/ fühlen (wollen)?
In den kommenden Wochen stellt KREATIVES BRANDENBURG die Akteure, die an dieser Befragung teilnehmen, auf dem Webportal www.kreatives-brandenburg.de vor. Wir freuen uns über zahlreiche Antworten an info@kreatives-brandenburg.de .
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